Dies ist der zweite Teil eines längeren Artikels über die Behandlung von Schlafstörungen mit Hypnose. Im ersten Teil wurden die Gefahren und Folgen von Schlafentzug und Schlafmangel beschrieben, verschiedene Schlafstörungen, ihre Entstehung, ihr Verlauf und ihre Chronifizierung diskutiert. Dabei wurde insbesondere auf die häufigste Schlafstörung, die nichtorganische Insomnie, eingegangen. Den ersten Teil des Artikels finden Sie hier.
Schlafstörungen können vielfältig sein, sowohl körperliche als auch psychische Ursachen haben und in ihrer Komplexität, ihrem Verlauf und ihrer Dauer variieren. Daher ist es wichtig, vor Beginn einer Therapie die möglichen Ursachen abzuklären. An erster Stelle sollte eine ärztliche Untersuchung stehen, um körperliche Entstehungsfaktoren auszuschließen. Es ist immer ratsam, Schlafprobleme zunächst mit dem Hausarzt zu besprechen. Berichten Sie dem Arzt ausführlich über Ihre Schlafprobleme, deren Dauer, mögliche Auslöser und achten Sie auch darauf, ob weitere Beschwerden körperlicher oder seelischer Art vorliegen. Von der Ursache der Schlafstörung kann das geeignete therapeutische Vorgehen abhängen, da die Schlafstörung entweder primär als eigenständige Erkrankung oder sekundär als Symptom oder Folge einer Grunderkrankung oder eines Medikamenteneinflusses auftreten kann.
Schlafstörungen sollten nicht symptomatisch, sondern ursächlich behandelt werden. Dies gilt umso mehr, als die Verschreibung von Schlafmedikamenten häufig ohne Berücksichtigung der ursächlichen Zusammenhänge erfolgt. So sind z.B. Ein- und Durchschlafstörungen typische Symptome einer Depression, sodass es sinnvoller ist, die Grunderkrankung und nicht die Schlafstörung selbst zu behandeln, sei es psychotherapeutisch oder medikamentös. Mit der Behandlung und der daraus resultierenden Besserung der depressiven Symptomatik bessern sich auch die Schlafprobleme. Eine ursächliche Behandlung von Schlafstörungen ist jedoch nicht immer möglich. Ein symptomatisches Vorgehen ist dann angezeigt, wenn die Ursache nur schwer zu behandeln ist, wie z.B. bei der Schlafapnoe, bei der in den meisten Fällen eine deutliche Gewichtsreduktion zu einer Besserung der Schlafprobleme führen würde, was aber in vielen Fällen nicht durchführbar ist. Auch bei Schlafstörungen, bei denen mehrere Ursachen vorliegen oder die Ursachen nicht erkennbar sind, ist ein kausaler Therapieansatz deutlich erschwert.
Abhängig von der Schwere der Symptome und der Art der Ursache können Schlafprobleme mit speziellen Medikamenten behandelt werden. Je nach Grunderkrankung oder Auslöser der Schlafprobleme können Benzodiazepin- und Nicht-Benzodiazepin-Hypnotika, Antidepressiva mit schlafregulierenden Eigenschaften oder auch Antipsychotika, die in der Regel bei schweren psychischen Erkrankungen eingesetzt werden, indiziert sein. Diese Medikamente werden von den Ärzten mit Vorsicht und zum Teil unter strenger Kontrolle eingesetzt, da viele von ihnen schwere Nebenwirkungen haben können und ein nicht unerhebliches Abhängigkeitspotenzial aufweisen, was insbesondere für die Hypnotika, also die Schlafmittel, gilt. Aus diesem Grund sind solche Schlafmittel in Deutschland nur für eine Kurzzeitbehandlung von wenigen Wochen zugelassen.
Die Psychoedukation ist ein wesentlicher Anfangsbaustein jeder Insomnietherapie. Sie umfasst die Vermittlung von Basiswissen über die Funktion des Schlafes, seinen normalen und gestörten Ablauf sowie die Erläuterung der Schlafhygiene, d.h. einfacher Regeln und Empfehlungen für den Alltag, die den Schlaf fördern, sowie Informationen darüber, was den Schlaf behindert. Manche Menschen mit Schlafstörungen haben noch nie etwas von Schlafhygiene gehört oder sich bewusst damit auseinandergesetzt, andere kennen die meisten Regeln, halten sie aber nicht ein. Im Wesentlichen geht es auch darum, die oft falschen und angstbesetzten Vorstellungen der Patienten über ihren Schlaf zu entkräften. In der Regel assoziieren sie ihr Bett und die Umgebung des Schlafzimmers nicht mehr mit dem Schlaf selbst, sondern mit schlafinkompatiblen Aktivitäten wie Lesen, Arbeiten, Problemlösen, Grübeln, Fernsehen oder der Nutzung von Tablets und Smartphones. Daher ist es ratsam, zunächst das Schlafzimmer und die Schlafumgebung umzugestalten, um die negative Konditionierung aufzulockern.
Der Mensch ist biologisch darauf eingestellt, im Hellen zu wachen und im Dunkeln zu schlafen. Das Schlafzimmer sollte daher durch Vorhänge oder Rollläden ausreichend abgedunkelt sein. Achten Sie darauf, dass keine störenden Lichtquellen wie Bildschirme oder helle Uhren im Schlafbereich stehen. Insbesondere Uhren stören den Schlaf, da der Blick auf die Uhr das Bewusstsein aktiviert und kognitive Prozesse in Gang setzt, die den Schlaf beeinträchtigen können. Auch eine niedrigere Raumtemperatur fördert den Schlaf: Viele Menschen machen den Fehler, sich in zu warmen Räumen schlafen zu legen. Gerade in der kalten Jahreszeit ist es gut, das Schlafzimmer zu lüften und die Heizung auf 15 bis 19 °C einzustellen. Es lohnt sich, in ein gutes Bett, eine passende Matratze, hochwertige Decken und Kissen sowie Bett- und Schlafwäsche zu investieren. Es ist dabei empfehlenswert, sich bei einem oder mehreren Fachhändlern ausführlich beraten zu lassen und individuell passende Schlafutensilien auszuwählen. Guter und erholsamer Schlaf ist fast jede Investition wert, denn der Mensch verbringt mehr oder weniger ein Drittel seines Lebens im Bett.
Der Tag bestimmt die Nacht. Ein aktiv gestaltetes Wachleben mit Arbeit, Interessen, Bewegung, angenehmen sozialen Interaktionen, Zeit mit Familie und Freunden kann zu einem erholsamen Schlaf beitragen. Es ist gut, lange Wachzeiten im Bett zu vermeiden, auf koffeinhaltige oder andere anregende Getränke schon am Nachmittag zu verzichten. Rauchen und Alkohol wirken sich ebenfalls negativ auf den Schlaf aus. Zum einen wirkt das im Tabak enthaltene Nikotin aktivierend, zum anderen macht es süchtig, sodass der Körper auch im Schlaf ständig dem Verlangen nach Nikotin ausgesetzt ist. Alkohol hingegen wirkt zwar entspannend und schlaffördernd, die Wirkung hält aber nicht lange genug an und man kann trotzdem mitten in der Nacht aufwachen. Vor allem bei Menschen mit Schlafstörungen kann Alkohol allmählich zu einer Abhängigkeit führen, da die Dosis ständig erhöht werden muss, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Zudem wirkt sich Alkohol – bei manchen Menschen schon in geringen Dosen – negativ auf die Schlafphasen und die Schlafqualität aus. Auch eine üppige Mahlzeit kurz vor dem Schlafengehen belastet den Körper und wirkt sich negativ auf den Schlaf aus.
Abends, etwa zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen, sollten sportliche Aktivitäten vermieden und die Lichter in der Wohnung abgedunkelt werden. Das warme, gedämpfte Licht signalisiert dem Körper, dass es bald Zeit zum Schlafengehen ist. Smartphones und Tablets sind heute allgegenwärtig und begleiten ihre Besitzer oft bis ins Bett. Bei Ein- und Durchschlafproblemen sollte man unbedingt auf die Nutzung dieser Geräte verzichten und sie am besten in einem anderen Raum aufbewahren. Zum einen fördern die Geräte schlafstörende Verhaltensmuster wie ständiges Scrollen in sozialen Netzwerken, endloses Anschauen von Videos oder Serien, Überprüfen von Arbeitsaufträgen etc. All diese Aktivitäten sind in der Regel nicht mit Schlaf vereinbar, da sie unsere kognitiven Prozesse anregen, unsere Sinne aktivieren und auch Emotionen auslösen können, die den Blutdruck und die Herzfrequenz in die Höhe treiben, wie z.B. eine Arbeitsaufgabe des Chefs, die spät am Abend eintrifft. Wer dennoch nicht auf die Nutzung seines Smartphones, Tablets oder Laptops im Bett verzichten möchte, sollte zumindest den Nachtmodus des Bildschirms aktivieren, der die Bildschirmhelligkeit deutlich reduziert und eine warme Farbpalette einstellt, um das kalte blaue Licht des Bildschirms zu minimieren, das sich erwiesenermaßen negativ auf den Schlaf auswirkt. Wer trotzdem nicht auf Lektüre verzichten und den Alltagsgedanken entfliehen will, greift besser zum klassischen gedruckten Buch.
Viele Regeln der Schlafhygiene bedeuten Verzicht und etwas mehr Organisation im Alltag. Man sollte aber nicht auf Sparflamme leben, sondern das Leben genießen. Denn nicht nur der Schlaf bestimmt den Tag, sondern auch der Tag den Schlaf. Ausführliche Hilfestellungen zur Schlafhygiene und zum Umgang mit spezifischen Schlafstörungen finden Sie auf den Seiten der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e. V. (dgsm.de).
Psychotherapeutische Behandlungsansätze sind vor allem bei nichtorganischen, d.h. psychisch bedingten Schlafstörungen indiziert. Generell wird die kognitive Verhaltenstherapie als eine der wirksamsten Behandlungsmethoden bei Ein- und Durchschlafstörungen empfohlen. Speziell bei der primären Insomnie kann die Veränderung des erlernten schlafbezogenen Verhaltens und der damit verbundenen Überzeugungen des Patienten deutlich zur Verbesserung des Schlafs beitragen. Jeder Patient ist eine einzigartige Persönlichkeit, mit einer hochkomplexen Kombination an teils tiefen Überzeugungen, welche unter anderem die eigene Person, die Umwelt und das Leben betreffen. Diese Kognitionen bzw. Gedankenmuster bedingen und gestalten unsere Wahrnehmung von Ereignissen und formen unser Verhalten. Wir eignen sie uns im Laufe unseres Lebens aufgrund unserer Erfahrungen im Umgang mit der Umwelt und uns selbst an. Manche der Gedankenmuster können dysfunktional sein, unangenehme Emotionen auslösen und problematisches oder gar destruktives Verhalten bedingen. Solche Gedankenmuster werden in der Regel als Gedankenfehler bzw. kognitive Verzerrungen bezeichnet. Hier einige Beispiele solcher Gedanken bezogen auf den Schlaf:
Selektive Wahrnehmung: Die Konzentration auf negative Aspekte und die Ausblendung positiver Aspekte. "Obwohl ich die letzten vier Nächte gut geschlafen habe, erinnere ich mich nur an die eine Nacht, in der ich schlecht geschlafen habe".
Schwarz-Weiß-Denken: Dinge nur als "gut" oder "schlecht" betrachten, ohne Grauzonen zuzulassen. "Wenn ich heute Nacht nicht mindestens 8 Stunden schlafe, wird der morgige Tag absolut schrecklich".
Katastrophisieren: Die Annahme, dass das Schlimmste eintreten wird. "Wenn ich heute Nacht nicht schlafen kann, werde ich meinen Job verlieren und nie wieder eine ruhige Nacht haben".
Übergeneralisierung: Aus einem einzelnen negativen Ereignis werden allgemeine Regeln abgeleitet. "Ich konnte letzte Nacht nicht einschlafen, das passiert mir immer wieder, ich werde nie wieder gut schlafen können".
Perfektionismus: Die Grundüberzeugung, alles perfekt machen zu müssen. "Ich kann nur dann einschlafen, wenn ich alles perfekt ist (z. B. Raumtemperatur, Bettwäsche, Matratze)".
Solche und ähnliche Gedankenmuster können negative Gefühle, Ängste und Sorgen auslösen und so den Schlaf effektiv verhindern. Grundsätzlich aber lassen sich solche Denkmuster auf nahezu alle Lebensbereiche beziehen und damit nicht nur einen erholsamen Schlaf verhindern, sondern auch andere Aspekte des Daseins negativ beeinflussen. So können kognitive Verzerrungen ein wichtiger Bestandteil des Denkens bei Depressionen oder des angstbesetzten Grübelns bei Phobien sein.
Viele unserer gewohnten Denkprozesse laufen automatisch ab, verborgen vor unserem bewussten Verstand und entziehen sich so einer kritischen Auseinandersetzung mit ihren Inhalten. Gerade Grundüberzeugungen, die in der Kindheit und Jugend entstanden sind, können besonders tief im Unterbewusstsein verborgen sein. Es bedarf zusätzlicher Maßnahmen, um solche tief verankerten Kognitionen bewusst zu formulieren, anzupassen, umzugestalten und durch neue Überzeugungen zu ersetzen. Den Prozess der Gestaltung und Veränderung der dysfunktionalen Gedankenmuster nennt man kognitive Umstrukturierung. Hier hat sich die Kombination von kognitiver Verhaltenstherapie mit Hypnose als besonders hilfreich erwiesen, da die hypnotische Trance verborgene, im Hintergrund ablaufende Prozesse besonders gut zugänglich macht und durch den suggestiblen Zustand die Aufnahme und Speicherung neuer Formulierungen erleichtert. Dabei ist es sehr hilfreich, auf die Fähigkeit des Unbewussten, mit Metaphern und Symbolen zu arbeiten, zurückzugreifen.
Hypnose ermöglicht und fördert die indirekte Verarbeitung von Gedankeninhalten, was besonders bei Schlafstörungen hilfreich ist. Normalerweise ist es förderlich, sich mehr anzustrengen, um ein Ziel schneller zu erreichen. Paradoxerweise erweist sich diese normalerweise förderliche Strategie bei Schlafstörungen als kontraproduktiv und bewirkt in der Regel genau das Gegenteil, d.h. je mehr man versucht und sich anstrengt einzuschlafen, desto weniger gelingt es. Durch den Einsatz von Suggestionen und Metaphern in der Hypnose kann indirekt auf die Symptomatik eingewirkt werden, sodass der Patient nicht wieder in das typische Muster der quälenden Auseinandersetzung mit dem Nicht-Einschlafen-Können verfällt. Die Kombination der kognitiven Verhaltenstherapie mit Hypnose bewirkt einen deutlichen Anstieg an Besserung gegenüber 70 % der Patienten, die alleine verhaltenstherapeutisch behandelt werden.
Mit Hilfe hypnotischer Suggestionen können auch körperliche Schlafprozesse, wie die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin, beeinflusst werden. Dazu wird beispielsweise die sogenannte Schlafbaum-Metapher verwendet. Der Patient kann vor seinem inneren Auge seinen Schlafbaum besuchen und dessen Zustand untersuchen, indem er schaut, was der Baum, seine Wurzeln, Äste und Blätter brauchen. Es kann auch ein mentaler Austausch zwischen dem Baum und dem Patienten stattfinden. Der Prozess kann als Interaktion mit dem Unterbewusstsein verstanden werden, wobei der Baum eine Teilpersönlichkeit des Patienten darstellt, die für bestimmte Aspekte des Schlafes verantwortlich ist. Indem sich der Patient um den Baum in seiner inneren Welt kümmert, kümmert er sich um sich selbst. Auf diese Weise können verschiedene Metaphern konstruiert werden, um verschiedene Aspekte der Schlafstörung effektiv zu behandeln. Auch Depressivität und Angstgefühle der Patienten werden durch den Einsatz solcher hypnotischer Techniken reduziert.
Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, sind in der Regel sowohl tagsüber als auch nachts geistig und emotional überreizt. Es hat sich daher bewährt, die Therapie durch Entspannungsverfahren wie Progressive Muskelrelaxation oder Autogenes Training zu ergänzen. Auch Selbsthypnosetechniken können dem Patienten vermittelt werden, damit er sie selbständig zur Tiefenentspannung anwenden kann.
Es hat sich gezeigt, dass ein systemischer Therapieansatz, der möglichst viele Aspekte des Alltags der Patienten berücksichtigt und zu verbessern sucht, gegenüber Therapieansätzen, die sich nur auf die schlafbezogene Symptomatik konzentrieren, deutlich im Vorteil ist. Stressbewältigung, Ausbau von Freizeitaktivitäten, Aufbau und Pflege belastbarer sozialer Beziehungen – all dies führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Patienten und in Kombination mit hypnotherapeutischen und verhaltenstherapeutischen Maßnahmen zu einer Verbesserung und Normalisierung des Ein- und Durchschlafverhaltens.
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